Jedermann an jedem Ort, einmal in der Woche Sport
Schon in der DDR kam dem Sport eine besondere Rolle zu. Internationale sportliche Erfolge sollten der DDR, einem relativ kleinen Staat, internationale Anerkennung verschaffen und das Selbstbewusstsein seiner Bürger stärken.
Die Umsetzung dieser Ziele fand sich bereits früh bei der Erziehung der Kinder: Ausnahmetalente wurden erkannt, damit sie sich einem sportlichen Werdegang widmen konnten und auch in den Schulen wurde an der sportlichen Ausbildung der jungen Staatsbürger gearbeitet.
So galt die DDR sehr bald als ein starker Vertreter in der internationalen Sportwelt und feierte in den Jahren zwischen 1968 – 1988 viele internationale Erfolge.
In der DDR galt flächendeckend das eingeführte Motto: „Jedermann an jedem Ort, einmal in der Woche Sport.“
Nach diesem Ansatz wurde auch die Erziehung des Kinderheims Königsheide gestaltet.
Dies bedeutete für die Schüler, früh aufzustehen, um morgendliche Sportkurse noch vor dem Unterricht zu absolvieren. Ebenso wurden Festspiele ausgetragen, um die besten Sportler zu ermitteln und zu küren.
Zur Austragung der Sportveranstaltungen und für die regelmäßig statt-findenden Sportkurse wurden auf dem Gelände des Kinderheims Königsheide eine Turnhalle und ein Sportplatz gebaut.
Beide Objekte entstanden im Rahmen des Programms NAW – Nationalen Aufbauwerkes. Der Sportplatz bestand aus einem Fußballfeld, einer Lauf-bahn und einer Sprunggrube.
Heute ist nicht mehr viel zu sehen vom alten Sportplatz…
Zeitzeugin: Charlotte Salzwedel, geb. 1943
Zur Person:
Charlotte S. wächst zusammen mit elf Geschwistern in Berlin auf. Ihr Vater kehrte aus dem Krieg nicht zurück und ihre Mutter verstirbt früh. Deshalb werden Charlotte und ihre Geschwister auf Familienangehörige verteilt.
Die Umstände ändern sich, als die Männer nach Kriegsende zu den Familien zurückkehren und Charlotte und ihre vielen Geschwister an Pflegeeltern abgegeben werden.
Im Alter von 5 Jahren landet sie schließlich im Kinderheim. Ihre Kindheit ist danach geprägt von ständigem Wohnortswechsel. Nach ihrer ersten Station in einem evangelischen Kinderheim in Erkner geht für sie die Reise weiter in ein Heim nach Thüringen, danach in ein Kinderheim an der Ostsee, bis sie dann im Alter von dreizehn Jahren in der Königsheide ankommt. Charlotte beschreibt die Zeit dort als „eigentlich die schönste Zeit“.
Ein Grund für diese positiven Erinnerungen ist ihre direkte Eingliederung in eine sogenannte „Geschwistergruppe“. Dies waren Gruppen in denen Kinder unterschiedlichen Alters wie in einer geschwisterlichen Gemeinschaft zusammenlebten.
Charlotte berichtet, sie fühlte sich dort wie in „einer kleinen Familie“.
Das Kinderheim Königsheide galt in der DDR als Vorzeige-Kinderheim, d. h., es gab verschiedene Freizeitaktivitäten sowie Kurse, um die Kinder nach dem Vorbild einer sozialistischen Persönlichkeit zu erziehen, zu fördern und auf das Leben nach der Zeit im Kinderheim vorzubereiten.
Neben der allgemeinen Schulbildung und dem Eintritt zu den Jung-pionieren und später der FDJ stand es jedem Kind frei, sich je nach Interesse und künstlerischer Orientierung in verschiedene AGs einzubringen.
Im Anschluss an die abgeschlossene Schulbildung absolvierte Charlotte die Ausbildung zur „Näherin“, lies sich allerdings im späteren Leben zur Verkäuferin umschulen.
Die Zeitzeugin berichtete zusammenfassend, dass die Zeit in der Königsheide ihr Leben ausschließlich positiv geprägt habe. Charlotte S. ist aktives Mitglied im Verein Königsheider Eichhörnchen e. V., welcher regelmäßige Treffen und die Möglichkeit zum Austausch unter ehemaligen Heimbewohnern anbietet.
Die Zeitzeugin erzählt aus ihrer Vergangenheit:
Interview mit CHARLOTTE SALZWEDEL
Projektteam: Nguyen van Anh Doan, Moritz Engl, Charlotta Jenny Cecilia Andersson, Erik Skorupiński